Diese Situation können viele
nachvollziehen. Angespannt sitze ich im Wartezimmer eines Arztes und hoffe auf
ein gutes Ergebnis der anstehenden Untersuchung. Ich habe Angst, fühle mich
hilflos.
„Ich glaube; hilf meinem Unglauben!“
Genau das spielt sich gerade in mir ab: „Ich glaube!“ Ja, ich weiß mich in
Gottes Hand. Ja, ER meint es gut mit mir. Ja, IHM ist nichts unmöglich!
Gleichzeitig rumoren in mir Gedanken wie: Kümmert Gott mein kleines Leben
überhaupt? Warum bin ich nur so unruhig und besorgt? Wo bleibt mein
Gottvertrauen? Wenn es darauf ankommt, verliere ich den Boden unter den Füßen.
Dabei habe ich doch schon so oft Gottes Nähe und Hilfe erlebt
So erging es bereits den Menschen, die mit Jesus unterwegs waren. Unglaubliches
hatten sie mit ihm erlebt: Wie er lebensbedrohliche Wogen glättete, Stürme
stillte, Tausende speiste und Kranke heilte. Doch oft machte sich schon bei der
nächsten Herausforderung große Hilfslosigkeit breit, so dass Jesus sie fragte:
„Was seid ihr so furchtsam? Habt ihr noch keinen Glauben?“ (Markus 4, 40).
Genau das passiert wieder einmal. Ein Vater bringt seinen schwer kranken Sohn
zu ihnen. Die Situation eskaliert, als sich auch noch Schriftgelehrte
einmischen. Wie so oft gesellt sich zur Hilflosigkeit die Aggression. Da platzt
alles aus dem Vater heraus, die Angst um seinen Sohn, die Enttäuschung über die
Ratlosigkeit der Jünger. Jesus handelt. In Jesus Gegenwart bäumt sich noch einmal
die lebensfeindliche widergöttliche Macht in dem Kranken auf. Der Vater setzt
alles auf eine Karte und schreit verzweifelt:
„Wenn du aber etwas kannst, so erbarme dich unser und hilf uns!“ Eine
bewegende Szene. Ein grundehrlicher Mann, dieser Vater! So eine schlimme
Krankheit kann eine komplette Glaubensexistenz erschüttern. Trotzdem mutet er
sein Anliegen und seinen „Unglauben“ Jesus zu und fleht ihn um sofortige Hilfe
an. Jesus schont ihn nicht und erwischt ihn an seiner Schwachstelle: „Du
sagst: Wenn du kannst! Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt.“ Da
brüllt der Vater verzweifelt:
Ich glaube; hilf meinem glauben!
Ein Hilfeschrei aus der Tiefe: „Ich glaube wäre ich denn sonst zu dir gekommen?
Ich kann es nicht ergründen, was das bedeutet, und was du von mir erwartest. Über
letzte Konsequenzen dieses Versprechens bin ich mir nicht im Klaren. Und ich
kann dir auch nicht beweisen, dass ‘ich ,,richtig“ glaube… So folgt auf sein
Versprechen die Bitte: „… hilf meinem Unglauben!“ Der Vater erkennt,
dass nicht nur sein Sohn der Hilfe und der Heilung bedarf, sondern auch er
selber, sein Glaube.
Dieser Aufschrei des Vaters ist ein erster Schritt des Vertrauens. Wie
wunderbar, dass Jesus das nicht zu wenig ist! Gleichzeitig bringt der Vater auf
den Punkt, was ein Leben in der Nachfolge Jesu ausmacht. Jesus sieht und
erträgt meine Unsicherheit, wenn mein Glaube angesichts schwieriger
Herausforderungen versagt.
(nach einer Auslegung von R. Karnstein)
Ihre Pfarrerin Katja Baumann
Der Beitrag verfällt am 26th November , 2019
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